Editorial 2_2011

Gerufen sein zur Kirche

Dieses PRISMA-Heft zeigt sich gewissermaßen in neuem „Gewand“ – mit aufgefrischtem Layout. Es will inhaltlich und auch visuell ankommen, positiv auffallen, den Weg zu den Menschen finden. Seine Botschaft will bewegen, gerade auch in der gegenwärtigen Situation von Gesellschaft und Kirche.

Die offenkundige Kirchenkrise in Westeuropa, der sich alle Konfessionen auf je ihre Weise zu stellen haben, kann einen Gesprächsprozess auslösen, der quer durch die Gemeinden, die Diözesen und Landeskirchen geht. Dieses intensive Suchen und Fragen, wie „Kirche heute gehen kann“, findet in der Öffentlichkeit und in den Medien eine deutliche Resonanz und Aufmerksamkeit. Die Kirchen werden radikal und neu herausgefordert, sich ihrer Grundaufgabe zu stellen: mitten im Leben der Menschen die Gegenwart Gottes bezeugen, den Gott, der Liebe ist, der sich in unverwechselbarer Weise in Jesus Christus als gegenwärtig und wirkmächtig erweist.

Hubertus Blaumeiser, promovierter Luther-Kenner, Verantwortlicher für den Priesterzweig der Fokolare, und Christian Hennecke, Regens in Hildesheim und anerkannter Gemeinde-Theologe, erarbeiten Perspektiven für eine aus der gemeinschaftlichen Spiritualität sich entwickelnde neue Gestalt des Kirche-Seins.

Joachim Reinelt, Bischof von Dresden und langdienender Fahrensmann der Kirche, gibt in seinem Interview Einblick, wie ein Bischof als wacher Zeitgenosse Kirche lebt, unter dem Druck des Sozialismus damals und heute in der freiheitlichen Gesellschaft der neuen, erweiterten Bundesrepublik. Hier leuchtet eine Kirche auf, die sich offen hält für unterschiedlichste Gruppierungen in der Gesellschaft, die zugleich Kraft gewinnt in kleinen Gemeinschaften vor Ort, weil dort unverwechselbare Glaubenserfahrung und Glaubensgemeinschaft möglich werden.

Dass eine Familie Fahrt aufnimmt, wenn es ihr gelingt, Kirche im Kleinen zu sein, berichtet lebendig und hautnah die Psychologin Tanja Deister. Dass in schwerstem chronischen Krank-Sein einem Menschen die Chance geschenkt wird, mit anderen Kirche zu leben und dadurch echte Lebensqualität zu gewinnen, bezeugt das Interview aus dem Umfeld der Katholischen Integrierten Gemeinde München.

Das Pastoral-Team von Gangelt, das sich als Weggemeinschaft im Glauben versteht, kann in seinem Beitrag: Moderne und mit Kunst- und Licht-Effekten gestaltete Gottesdienste eröffnen einen Raum, in dem Menschen im Innersten berührt und auf Kirche hin geöffnet werden.

Ein Aufbruch, vom Charismatischen herkommend, ereignet sich zur Zeit im Augsburger Gebetshaus-Projekt, das der im ZSP-Team Ottmaring mitarbeitende Pfarrer Gerhard Sievers in seinem Bericht vorstellt.

Der Salzburger Domkapitular Matthäus Appesbacher zeigt auf, dass ein Kirchbau - auch dies gibt es heute noch - Gemeinde wachsen lässt.

Die Kirche muss nicht erst erfunden werden. Es gibt sie bereits.

Dieses PRISMA-Heft will aufmerksam machen auf den Ruf zum Kirche-Sein, der auch heute ergeht – gerade in einer Zeit, in der viele fast nur noch vom Abbruch der Kirche sprechen. Kann heute nicht das bekannte Augustinus-Wort auf das Kirche-Sein angewandt werden, das da lautet: Empfangt, was ihr seid, damit ihr werdet, was ihr empfangt: Kirche, Gemeinschaft, die Gott schenkt.

Wilfried Hagemann

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