Zum Fall Williamson

Wer den Holocaust leugnet, leugnet Gott

Wer den Holocaust leugnet, leugnet Gott. Solche Sätze fielen in diesen Tagen im Pressesaal des Vatikans, nachdem die Veröffentlichung des Dekrets über die Aufhebung der Exkommunikation der vier von Erzbischof Lefebvre 1988 geweihten Bischöfe weltweit gewaltige Turbulenzen ausgelöst hat sowohl in der katholischen Kirche, in der Ökumene, in den bisher so gut aufgebauten Kontakten zur jüdischen Welt und zu jüdischen Vertretern, einschließlich dem Staat Israel, und insgesamt in der medialen Welt.

Um den Vorgang der Exkommunikation zu verstehen, muss man sich vor Augen halten, dass eines der großen Ziele des Pontifikats von Papst Benedikt. XVI. die Beendigung des Schismas ist, das im Zusammenhang mit bestimmten Beschlüssen des II. Vatikanischen Konzils gleich nach dem Konzil um Erzbischof Lefebvre herum entstand und sich immer weiter ausbreitete.

Schon Papst Johannes Paul II. hatte erste Versuche unternommen, mit dieser Gruppe ins Gespräch zu kommen, scheiterte jedoch an der sperrigen Haltung von Erzbischof Lefebvre, der den Papst und die ganze katholische Kirche beschuldigte, durch die Aufnahme des Dialogs mit den Kirchen der Reformation, die grundsätzliche Hinwendung zum jüdischen Volk, durch die Öffnung zur Welt insgesamt und durch das Dekret über die Religionsfreiheit die Lehre der katholischen Kirche verlassen zu haben.

Genau aus diesem Grund hat Erzbischof Lefebvre, als er sein eigenes Lebensende kommen sah, gegen den Willen des Papstes und in erklärtem Ungehorsam zum obersten Hirten der Kirche vier Bischöfe geweiht, um seinen Protest fortsetzen zu können. Darauf blieb Papst Johannes Paul II. nichts anderes übrig, als die vier Bischöfe zu exkommunizieren. Er setzte aber zeitgleich die Kommission ‚Ecclesia Dei’ ein, um mit dieser Gruppe im Gespräch zu bleiben. Dies führte zunächst zur Spaltung der Gruppierung, zur Bildung der Petrusbruderschaft und ihrer Rückkehr zur katholischen Kirche. Ihrem Anliegen, die Messe im alten tridentinischen Ritus feiern zu dürfen, hat Papst Johannes Paul II. entsprochen. Diese Erlaubnis hat Papst Benedikt XVI. dann vor einem Jahr auf die ganze Kirche ausgedehnt.

Daran kann man ablesen, wie sehr die Päpste darunter leiden, wenn es ein Schisma gibt. Auf dieser Linie liegt auch das Bemühen von Papst Benedikt, der noch schismatischen Gruppe der Priesterbruderschaft Pius X., so weit es irgend geht, entgegen zu kommen. Dabei wagte er den Spagat zwischen einem sich Einlassen auf diese sehr extreme Gruppe und dem Festhalten an so wichtigen Anliegen wie dem Dialog mit der Welt, der Ökumene und dem so zentralen Gespräch mit dem Judentum. Diese Schätze des II. Vatikanischen Konzils wollte er auf keinen Fall aufs Spiel setzen.

Das zufällig im Zusammenhang mit der Aufhebung der Exkommunikation bekannt gewordene Interview von Bischof Williamson (Argentinien), in dem dieser rundweg den Holocaust leugnet, hat nicht nur im Vatikan, sondern in der ganzen Welt wie ein Blitz eingeschlagen und die gut gemeinte Aktion des Papstes in einen Zusammenhang gestellt, der all seine Anliegen Lügen zu strafen scheint. Mit Recht löste dies auch bei jüdischen Vertretern, bei katholischen Bischöfen in Deutschland, bei vielen Theologie-Professoren und bei der Kirche verbundenen Menschen und Wohl meinenden Freunden Enttäuschung, Ärger und Wut aus. In dieser Gemengelage, in der auch viele Ressentiments gegen Rom wieder laut geworden sind, hat Papst Benedikt als allererstes in der Generalaudienz vom 28. Januar klar gestellt, dass die zum jüdischen Volk geknüpften Bande der Freundschaft und des Dialogs auf keinen Fall gekappt werden dürfen. Wer den Holocaust leugne, versündige sich an Gott selbst und stelle sich auf die Seite derer, die ihn möglich gemacht haben. Der Papst machte deutlich, dass kein Jota vom II. Vatikanischen Konzil zurückgenommen werden darf.

Positiv erscheint in diesem Zusammenhang, dass in unserer deutschen Öffentlichkeit überaus deutlich geworden ist, welche Errungenschaft das II. Vatikanische Konzil darstellt mit seinen Anliegen, die Einheit unter den Kirchen, den Dialog mit dem Judentum und allen Weltreligionen zu sichern und zu fördern sowie jegliches Unrecht und jegliche Bedrohung der menschlichen Freiheit, auch der Religionsfreiheit, zu bekämpfen. In einer Zeit, in der das II. Vatikanische Konzil gerade auch bei jungen Menschen kaum bekannt ist, ist diese Generation durch die unterschiedlichen Stellungnahmen in den Medien positiv damit konfrontiert worden.

Es wurde auch erkennbar, wie sehr die deutschen Bischöfe zu einer wichtigen Klarstellung beigetragen haben, indem sie zum einen die Person des Papstes in Schutz nahmen und zum anderen den einschlägigen vatikanischen Behörden mangelnde Sorgfalt in der Sache vorwarfen.

Ich hoffe sehr, dass sich das ursprüngliche Anliegen des Papstes doch noch erfüllt, mit der schismatischen Gruppe der Lefebvrianer zu einem echten Gespräch und zu einer verbindlichen Anerkennung der Ergebnisse des II. Vatikanischen Konzils zu kommen. Darüber hinaus könnte auch eine Verstärkung der Kommunikationswege zwischen der Zentrale der Kirche und den Ortskirchen und auch mit Vertretern der Ökumene dazu beitragen, dass Missverständnisse in Zukunft eher vermieden werden können.

Angesichts der vielen Fragen in der deutschen Öffentlichkeit sollten die Worte von Benedikt XVI., die er am 28. Januar an die Piusbruderschaft richtete, nicht aus dem Blick geraten. Er wählte den ungewöhnlichen Schritt der Verlesung einer kurzen öffentlichen Erklärung gegen Ende der Generalaudienz, um festzustellen: „Ich habe vor einigen Tagen den Nachlass der Exkommunikation für die vier Bischöfe entschieden, die 1988 von Erzbischof Lefebvre ohne päpstlichen Auftrag geweiht worden waren. Ich habe diesen Akt der väterlichen Barmherzigkeit gesetzt, weil diese Prälaten mir wiederholt ihr tiefes Leiden an der Situation bekundeten, in der sie sich befanden. Ich wünsche, dass auf diese meine Geste das umgehende Bemühen von ihrer Seite folgt, die weiteren notwendigen Schritte zu setzen, um die volle Einheit mit der Kirche zu realisieren. Auf diese Art sollen sie echte Treue und echtes Anerkennen des Lehramtes und der Autorität des Papstes und des II. Vatikanischen Konzils bezeugen.“

Dieses Zeugnis der Treue steht noch aus. Wer also wie Bischof Williamson den Holocaust leugnet bzw. zynisch relativiert, der steht im krassen Gegensatz zu diesen Worten des Papstes.

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