Predigt bei der Feier des Requiems von Sr. Rachel Funke SC
Liebe, verehrte Barmherzigen Schwestern von der Allerseligsten Jungfrau und Schmerzhaften Mutter Maria,
sehr verehrte Schwester Christel!
Liebe Familie Funke!
Liebe Sr. Pacis und Sr. Anne,
liebe Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Gertrudenstift!
Liebe trauernde Gemeinde!
Wir kommen vom Zentralfriedhof, wo wir Sr. Rachel gerade bestattet haben, in mitten der großen Gemeinschaft der Clemensschwestern, die dort schon zur ewigen Ruhe beigesetzt worden sind.
„Was gesät wird, ist verweslich. Was auferweckt wird, unverweslich. Was gesät wird, ist armselig, was auferweckt wird, herrlich. Was gesät wird, ist schwach, was auferweckt wird, ist stark.“
(1 Kor 15, 42-43)
Auch der Tod von Sr. Rachel ist erschütternd. Der Mensch muss sein Leben ganz aus der Hand geben und sich fallen lassen. Im Sterben eines lieben Menschen stehen wir vor dem Rätsel des Lebens, in das der Glaube und die Auferstehung Jesu ein neues Licht werfen.
Wir haben Sr. Rachel im Zeichen der Auferstehung Christi beigesetzt. Der auferstandene Christus, der den Tod überwunden und die Tür zu einem ganz neuen Leben geöffnet hat, er steht im Mittelpunkt dieser Feier, dieser Eucharistiefeier.
Ohne den auferstandenen Christus gibt es keine Eucharistiefeier.
Ohne den auferstandenen Christus gibt es keine Ordensschwestern. Menschen, die in ihrer Profess alles lassen, auch ihre persönliche Freiheit, auch die Bestimmung ihrer eigenen Zukunft, können dieses nur tun, weil sie Christus selbst erkannt haben, den Auferstandenen. In IHM begegnet uns die Fülle des Lebens, die absolute Zukunft.
Immer, wenn ein Ordenschrist bestattet wird, geschieht dies fast wir von selbst im Zeichen der Auferstehung, im Zeichen eines neuen Lebens, das herrlich ist und nicht mehr armselig, sondern reich und beglückend.
In ihrer zeitlichen Profess 1967 und ihrer ewigen Profess 1971 hat sich Sr. Rachel, geborene Dorothea Funke, diesem auferstandenen Christus geweiht und zur Verfügung gestellt. Sie hat sich anziehen lassen vom Charisma der Barmherzigen Schwestern, das barmherzige Tun Gottes auch im Alltag zu leben und zu bezeugen. Und sie hat dies getan in dem Beruf, den sie in den Orden mitbrachte: als Krankenschwester.
Schon nach ihrer ersten Profess wurde sie als Stationsschwester in der Raphaelsklinik eingesetzt und war dann später 10 Jahre als leitende Unterrichtsschwester im Clemens-August-Krankenhaus in Bitburg, wo sie sich in ganz besonderer Weise sind den jungen Schwestern zugewandt hat. Sie ließ sich von ihrer Ordensgemeinschaft in Anspruch nehmen für aufreibende Tätigkeiten in der Pflegedienstleitung und als Oberin im Walburga-Krakenhaus Meschede 10 Jahre und 14 Jahre im St. Elisabeth-Hospital in Beckum.
In ihr Leben fällt aber auch die Auseinandersetzung mit den riesigen Problemen, die sich aus dem gravierenden Nachwuchsmangel in allen Ordensgemeinschaften heute stellen. So musste sie erleben, dass das alte Gertrudenstift Bentlage vom Orden aufgegeben werden musste und ebenfalls auch das später ihrer Sorge anvertraute Exerzitien- und Tagungshaus der Clemensschwestern in Kevelaer.
Sie hat aber auch erlebt, dass ein kleiner Konvent, wie jetzt im neuen Gertrudenstift in Rheine-Bentlage zur Seele eines Hauses werden kann, wenn das Gebet und die Liebe zum Nächsten ganz selbstverständlicher Untergrund und Hintergrund des Lebens ist. Solche kleinen Zellen sind in der Kirche und ihren Gemeinden genau so vonnöten wie die großen Krankenhäuser, durch die den Menschen unterschiedlichster Herkunft auch heute und hofeentlich weiterhin solcher Segen zu Teil wird.
Von Sr. Rachel kann man wirklich sagen, dass das persönliche und das gemeinschaftliche Gebet ihr Leben geprägt hat. Das konnte ich selbst auch in Bentlage mitbekommen, wenn ich sehe, dass die Schwestern schon früh am Morgen das kirchliche Morgengebet in der Kapelle beten, ja meistens singen und eben so auch die Vesper.
Mit ihren Mitschwestern Sr. Pacis und Sr. Anne hat sich Sr. Rachel ganz konkret auch eingebracht in die Gemeinde vor Ort, in der Josefskirche und weit darüber hinaus. In den wenigen Jahren ist sie wirklich so sehr hineingewachsen in das Gertrudenstift, dass viele Besucher des Gertrudenstiftes, die jetzt in unser Haus kommen, ganz betroffen sind von ihrem plötzlichen Tod.
Sr. Rachel lebte in aller Stille und ganz konkret die Beziehung, die im Evangelium des heutigen Tages als Einheit bezeichnet wird. Jesus betet darum, dass wir eins sind wie der Vater und der Sohn im Heiligen Geiste eins sind. Jesus meint damit nicht eine Uniformität, sondern eine Haltung, bei der der eine im Anderen ist, auf den Anderen hin lebt, so unterschiedlich dieser auch sein mag.
Diese Beziehung der Einheit lebte Sr. Rachel in den vielfältigen Formen ihres kirchlichen Dienstes, in den Krankenhäusern und Krankenpflegeschulen, gerade auch im Blick auf die Kranken und auf die Mitschwestern, wo sie vor allem als Oberin diesen Dienst der Einheit getan hat.
Besonders kam ihre Fähigkeit, Beziehung aufzunehmen und mit Menschen zu leben und für sie da zu sein, im in den letzten Jahren ihres Lebens Gertrudenstift zum Tragen. Dies zeigt sich auch darin, dass sie trotz ihrer schweren Erkrankung sich nicht heraus gehalten hat, sondern sich, wenn manchmal auch mit Schwäche behaftet, immer neu an der Rezeption und am Telefon in den Dienst stellte und für die Leute ganz schlicht und einfach da war.
An Sr. Rachel konnte ich sehen, welcher Schatz das Ordensleben ist, wenn Menschen sich ganz Christus weihen und so auch den Menschen ganz zur Verfügung stehen.
Es lohnt sich also auch heute in unserer Zeit, in aller Schlichtheit die Nachfolge Christi zu leben. Sie ist nicht nur Opfer und Verzicht, sie schenkt große Erfüllung, reiche Freude und viele Freundschaften. Das zeigt auch der heutige Tag und diese Beerdigung.
Ich glaube, wir handeln und beten ganz im Sinne von Sr. Rachel, wenn wir Gott auch heute bitten, die Kirche und unsere Gemeinden weiterhin mit Ordensberufen zu beschenken.
Mutterhauskirche der Barmherzigen Schwestern in Münster, 16. Oktober 2008