Editorial 1_2011

Ich gehe meinen Weg vor Gott

Ich gehe meinen Weg vor Gott (Ps 116, 9) – dieser Psalmvers nimmt mit in eine Weite, die den Kirchen in unseren deutschsprachigen Ländern gut tut. Es geht in diesem PRISMA-Heft um einen Beitrag für ein Leben in Freiheit und Würde. Es geht um ein Leben, das sich gerade dann erfüllt, wenn die Suche nach dem, was Gott will, nicht ausgeblendet, sondern in das Zentrum des Entscheidens und Handelns gerückt wird. In einer Situation, in der Gesellschaft und Kirche vor fast unlösbaren Zukunftsaufgaben stehen, lohnt es sich, auf die Koordinaten des Evangeliums zu setzen, die eine neue Lebensqualität freisetzen.

An den Anfang des Heftes setzten wir einen Gedanken von Chiara Lubich, die von sich sagen konnte, dass sie in den Willen Gottes verliebt sei.

Das Hinhören auf den Willen Gottes ist für sie ein Hinsehen, ein Sich-Einlassen auf ein wirkliches Abenteuer. Die Darstellung, wie Klaus Hemmerle mit dem umging, was er als Willen Gottes erkannte, ist wie ein Anruf zu neuer Freiheit, wie ein Aufruf zum einem Spiel, das bis in die Tiefen des dreifaltigen Lebens Gottes reicht.

Von seinem Ordenscharisma her und auch persönlich allen Fragen nach Gehorsam und Leben nach dem Willen Gottes verbunden, stellt der Jesuit Stefan Dartmann in hochaktueller Weise Instrumente vor, wie in Rückbindung an eine Gemeinschaft die Suche nach dem Willen Gottes auch heute gelingen kann.

Wie ein Mensch, auch unter Belastungen der eigenen Lebensgeschichte und manchmal übermächtigem Drängen eines Über-Ich seine Würde und eine letzte unverfügbare Freiheit wahren kann, zeigt der Erfurter Theologe Josef Römelt auf. Für ihn ist das Leben mit dem Gewissen wesentlich mehr als bloße Unterwerfung und moralischer Druck.

Der Psychiater und Therapeut Hermann Schweers sieht geistliche Begleitung als kompetenten Dienst am Nächsten. Die Wirklichkeit Gottes, seine leise Stimme in der Seele eines Menschen freizulegen, darin sieht Schweers die Aufgabe einer geistlichen Begleitung, die wichtige Impulse für ein Leben nach dem Willen Gottes frei setzen soll.

Wie gesundheitliche Grenzen einen echten Zugang zum Hören auf die Stimme des Körpers und dadurch bleibende Lebensfreude ermöglichen, berichtet aufgrund persönlichen Erlebens der Augsburger Priesterseelsorger Gerhard Bauer.

Die Ordensschwester Johanna Schulenburg führt an Hand eigener Lebensentscheidungen ein in die Praxis der Unterscheidungsregen von Ignatius von Loyola.

Im Beitrag der Fachärztin Katharina Klann wird evident, welche Unsicherheit eine Ordensschwester, die vor den endgültigen Ordensgelübden steht, treffen kann und welche innere Freiheit vonnöten ist, wenn sich jemand endgültig binden will.

Der Beitrag des erfahrenen Jugendkaplans Marcellus Klaus, mit den dieses Heft schließt, zeigt auf, welche Kraft sich schenkt, wenn jemand im Ringen um die Frage, was Gott von ihm hier und jetzt will, alle Sicherheiten loslässt und Gott seine leeren Hände anbietet, um neu seinen Weg vor Gott zu gehen.

Wilfried Hagemann

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