Editorial 2_2007

"Gott ist schön"

Mit diesem Heft betritt DAS PRISMA Neuland. „Gott ist schön“ weist in eine Richtung, die, in einer Zeit wachsender Sprachlosigkeit über Gott, für die Glaubenskommunikation immer wichtiger sein wird. Viele beklagen, dass die Kirche den Kontakt zur modernen Kunst verloren habe. Der Kunst- und Kulturpreis der deutschen Katholiken und die Kunstausstellungen bei den Katholikentagen sind echte Versuche, den abgerissenen Faden zur modernen Kunst wieder aufzunehmen. Dass sich dieses lohnt, zeigt die vorliegende Ausgabe von DAS PRISMA.

Angesichts einer zunehmenden Visualisierung jugendlicher Lebenswelten erscheint es geboten, in Theologie und Pastoral eine vergessene Glaubenseinsicht neu zu betonen, nämlich dass Gott nicht nur wahr und gut genannt werden kann, sondern auch schön. Wenn es stimmt, dass die Jüngeren ihr kulturelles Verhalten mehr und mehr über die Logik des Bildes organisieren, dann müssen jene, denen die Vermittlung des Glaubens ein Herzensanliegen ist, sich selber von der Kunst anregen lassen und sich auf die „Sprache“ der Kunst einlassen.

Matthias Sellmann verweist in seinem Beitrag besonders auf die theologischen Arbeiten von Hans Urs von Baltasar, der in seiner siebenbändigen theologischen Ästhetik „Herrlichkeit“ vom Kreuz her einen neuen Blick auf die Schönheit Gottes werfe, und auf den evangelischen Theologen Matthias Zeindler, der in „Gott und das Schöne“ in eine ähnliche Richtung zielt.

Zu diesen theologischen Ansätzen gesellt sich die Exegese von Rainer Schwindt, der die Schönheit und Herrlichkeit Gottes aus der Sicht des Johannesevangeliums erschließt. Die Herrlichkeit, die in Jesus aufscheint, komme aus der Liebe und könne nur aus Liebe heraus angeschaut werden - auf einmal korrelieren Schönheit und Beziehung und darin das Aufscheinen Gottes.

Der Grazer Liturgiker Philipp Harnoncourt geht in seinem Beitrag der Frage nach, ob nicht in der Sehnsucht nach dem Schönen sich die dem Menschen innewohnende unstillbare Sehnsucht nach Gott ausdrücke, und stellt eine interessante Beziehung zur Schönheit liturgischen Tuns her.

Von ganz anderer Seite, nämlich von der Filmkunst her, schaut Herbert Lauenroth auf das Schöne im Film und entdeckt in dieser vermeintlichen Scheinwelt des Films Signaturen des Unsichtbaren, ja Spuren des Göttlichen, eine Epiphanie des Unsichtbaren. Lauenroths Sprache ist in ihrer Differenziertheit und sensiblen Feinheit ein gutes Beispiel literarischer Ästhetik.

Die eindrucksvolle meditative Einleitung in dieses Heft von Michel Pochet geht aus von der „Kunst des Sich-eins-Machens“, einem zentralen Begriff der Spiritualität von Chiara Lubich, und beschreibt Vorgänge des „Sich-eins-machens“ in der Kunst mit Wirkungen, die den Prozess der Gestaltung von Kunstwerken in Musik und Malerei insbesondere verstärken.

Konkrete Beispiele aus dem Raum der Musik, der Malerei, des Kirchbaus und eines Museums zeigen die Fruchtbarkeit von Dialog, Gespräch und Beziehung im Suchprozess von Künstlern, die gerade so ihren persönlichen unverwechselbaren Stil finden und bewahren und gerade so Gott bezeugen können.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch der Beitrag des Architekten Markus Thiel „Der Raum und das Nichts“. Die Inflation der Bilder in unserer medialisierten Gesellschaft lasse den leeren Raum attraktiv werden, fast zu einem Symbol des Unsichtbaren, weil er ein „Dazwischen“ freigebe, das über sich selbst hinausweist.

Wilfried Hagemann

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