Editorial 2_2014

Brennen - nicht ausbrennen!

Der Titel dieses Prisma-Heftes erinnert mich an Mose und den brennenden Dornbusch in Exodus 3. Dort heißt es: "Der Dornbusch brannte und verbrannte doch nicht!" Ein gewagter Titel für ein Heft, das sich ausdrücklich mit dem Thema Burnout bei Seelsorgern beschäftigt. Was hat es mit dem Burnout auf sich? Wie wird Burnout erlebt und therapiert? Ist es bei den heutigen Lebensbedingungen noch möglich, ein brennendes Herz zu haben und zu behalten, wie es der Evangelist Lukas (vgl. Lk 24) über die Emmausjünger berichtet?

In einer klar gegliederten exegetischen und theologischen Bibelarbeit zeigt der Alttestamentler Prof. Dr. Franz Sedlmeier auf, wie aufreibend, die ganze Person bis an die Grenzen des Denkbaren einfordernd und belastend für den Propheten Elija dessen Umgang mit der Verkündigung des Wortes Gottes war, das er als brennenden Ofen erfahren hat. Und dennoch wird deutlich: auch als ein vom Scheitern und von Ängsten Gezeichneter kann Elija dem Wort Gottes neuen Raum geben und aufbrechen.

Der Paderborner Professor für Pastoralpsychologie und erfahrene Priesterseelsorger Dr. Christoph Jacobs kennzeichnet das Phänomen Burnout als einen Vorgang zunehmender Müdigkeit und Lustlosigkeit verbunden mit vegetativer Symptomatik und körperlichen Beschwerden. Er zeigt auf, dass die Erforschung des Burnout noch am Anfang steht und dass es noch keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Definition gibt. Er sieht im Burnout einen häufig berufsbezogenen Risikozustand, der eine psychische oder körperliche Erkrankung nach sich zieht. Dass die Menschen in unserer Gesellschaft "zu viel wollten", dass sie oft unter einem Ausbleiben von Anerkennung in ihrem Selbstwertgefühl beschädigt würden, verdiene in diesem Umfeld große Aufmerksamkeit. Leistungsdruck bei der Arbeit und zeitliche Arbeitsverdichtung könnten negative Effekte hochschaukeln. Er macht auf die Gefahren aufmerksam, die in den Alltagsabläufen der bisherigen Pastoral eingewebt sind, wenn die Seelsorger in den neuen größeren pastoralen Räumen einfach im bisherigen Stil weiterarbeiten. Besonders interessant und zukunftsträchtig ist der von Jacobs vorgeschlagene Paradigmenwechsel von der Problemvermeidung zu einer, wie er es nennt, "Salutogenese". Diese sucht die in jedem Menschen vorhandenen Ressourcen und macht diese zum Dreh- und Angelpunkt des Interesses.

Der Beitrag der Schmerztherapeutin Dr. Gabriele Müller lässt aufhorchen. Eindrücklich beschreibt sie das Burnout-Syndrom als einen Zustand emotionaler Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit, die mit idealistischer Begeisterung beginnt und zu Desillusionierung, Apathie, Depression oder Aggressivität und zu akuter Suchtgefährdung führt. Wertvolle Tipps und Hinweise auf erste Warnsignale ermöglichen Vorbeugung und eine gesunde Lebensführung.

Dr. Matthäus Appesbacher, emeritierter Domkapitular in Salzburg, sieht in nicht verarbeiteter persönlicher Schuld eine der Ursachen für den Burnout. Aus seiner Erfahrung als viel gefragter Beichtvater weiß er um die Chancen des Bußsakramentes bei der Verarbeitung von Stress und Burnout. Wenn es gelinge, eigene Schuld auszusprechen, zu bekennen und um Vergebung zu bitten, könnten sich durch Schuld verursachte Blockaden lösen und neue Impulse zum Leben freisetzen.

In einem Interview mit Christoph Schmitz bekommt der Leser einen Einblick, wie ein Priester und Therapeut zusammen mit einem vom Bistum Rottenburg-Stuttgart bestellten Team unter Seelsorgern arbeitet, die dem Burnout-Syndrom und dessen Gefahren sich stellen wollen. Es gibt tatsächlich gute, verheißungsvolle Ansätze, die zu einer "fröhlichen Gelassenheit" führen: Stressfaktoren erkennen, Ressourcen beleben, sich selber zu leben erlauben, Austausch unter Priestern suchen, Gemeinschaft aufbauen unter Seelsorgern.

Im "Farbenbeitrag" von Pfarrer Dr. Udo Stenz kommt ein dem Burnout wie von selbst entgegenwirkendes Lebenselixier in den Blick, das wie ein Wasserzeichen alle Lebensbereiche eines Christen für die Liebe Gottes transparent werden lässt. Das Interessante an diesem Bericht sind sechs zusätzliche Autoren und eine Autorin, die jeweils konkret eine der sieben Farben des Farbenspektrums behandeln. Diesen Beitrag sollte man nicht überfliegen.

Ein ausgebrannter Kaplan, einer, der diese sehr schwere Situation durchmachte und durchkam, einer, der namentlich nicht genannt sein möchte, schildert, wie er die Krisenzeit erlebt hat und wie er neue körperliche und mentale Kraft wiedergefunden hat. Nach einem längeren Klinikaufenthalt konnte er seine priesterliche Tätigkeit an einer neuen Stelle wieder aufnehmen. Es kommt zum Vorschein, wie er neu leben lernte und wie dankbar er ist für die Zeit, die das Bistum ihm dafür ermöglichte.

Bernd Galluschke, Priester des Bistums Hildesheim, Propst und Dechant in Duderstadt/Eichsfeld, hat sich seit seiner Kaplanszeit mit der Frage beschäftigt, wie er als Priester persönliches Leben und priesterlichen Dienst in einer Weise gestalten kann, dass er glücklich wird. In seinem Beitrag wird deutlich erkennbar, dass er für ihn selbst wichtige Ressourcen gefunden und ernsthaft entwickelt hat. Fast wie von selbst kommen bei ihm Themen in den Blick wie Priestergemeinschaft und persönliche Gottesbeziehung, eine Spiritualität, die Raum lässt fürs Scheitern, eine ehrliche und kritische Zusammenarbeit mit Laien und Seelsorgern und last but not least ein Zeitmanagement, das Zeit lässt für Studium, Fortbildung, Lesen, Erholung und Kreativität.

Dr. Gerhard Bauer, langjähriger Spiritual am Priesterseminar und Priesterseelsorger im Bistum Augsburg, berichtet, wie er bei sich selbst erste Symptome eines Burnout feststellte. In einem längeren Prozess des Hörens auf die innere Stimme wurde ihm im Gebet klar, dass er sein Lebensalter ernst nehmen und bei seinem Bischof um den Ruhestand eingeben sollte. Innerer Friede, Trost, neue Lebensfreude und dann auch neue Kraft, für andere konkret da zu sein, stellten sich ein.

Dieses Heft wendet sich bewusst an Priester, Seelsorger und Seelsorgerinnen, aber auch an die für den Pastoralen Dienst in der Kirche Verantwortlichen. Es möchte helfen, bewusster zu arbeiten und zu leben, um für das Evangelium Jesu Christi brennen zu können.

Oft erhalten wir in der Redaktion bald nach Aussendung des Prisma an die Abonnenten positive Reaktionen auf unsere Zeitschrift. Insbesondere werde sie geschätzt, so ein jüngster Leserbrief „weil das Prisma eine sorgfältige Balance von Theologie und Lebenszeugnissen anbietet, eine zeitgemäße Spiritualität und Pastoral vorstellt, die Einheit unter den Menschen fördert“. In der Redaktionskonferenz entstand schon vor längerer Zeit der Wunsch, unser Heft einer größeren Leserschaft bekannter zu machen. Und deswegen wenden wir uns an Sie, verehrte Leserin und verehrter Leser. Wie Sie vielleicht schon bemerkt haben, liegt diesmal dem Prisma eine Abo-Karte bei. Sie bietet die Möglichkeit, selber ein Abonnement abzuschließen oder jemandem ein Abonnement zu schenken. Wenn Sie also mit unserer Zeitschrift ein schönes Weihnachtsgeschenk machen wollen oder einem Bekannten weiterempfehlen, ein Abonnement abzuschließen, würde uns das sehr freuen!

Wilfried Hagemann

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